Begünstigte Steuerordnung für Kleinunternehmer und Freiberufler
Inanspruchnahme der beitragsrechtlichen Erleichterungen
1 BEGÜNSTIGTE STEUERORDNUNG FÜR KLEINUNTERNEHMER UND FREIBERUFLER
Der Art. 1, Abs. 54 – 89, Gesetz Nr. 190 vom 23.12.2014 (das Haushaltsgesetz für das Jahr 2015) hatte eine begünstigte Steuerordnung (den sog. „forfetario“) für Kleinunternehmer und Freiberufler eingeführt, welche ihre wirtschaftliche Tätigkeit allein ausüben (die sog. „autonomi“).
Diese Steuerordnung wurde nun in einigen Punkten vom Gesetz 20(/2015 (dem Haushaltsgesetz für 2016) abgeändert. Die Neuerungen betreffen:
- Einige Voraussetzungen für den Zugang bzw. die Inanspruchnahme der Erleichterungen;
- Die Begünstigungen für Steuerzahler zu Beginn ihrer Tätigkeit;
- Und die (optionalen) beitragsrechtlichen Erleichterungen.
1.1 ZUGANGSVORAUSSETZUNGEN IM JAHR 2016
Der Zugang zur Begünstigung und der Erhalt des Anrechts darauf setzen voraus, dass im betreffenden und auch im Vorjahr folgende Limits nicht überschritten wurden:
- Erlöse bzw. Honorare (ggfs. auf das Jahr aufgerechnet), die folgende, je nach ATECO 2007-Code gestaffelte Limits nicht überschreiten:
– 45.000,00 Euro für “Lebensmittel- und Getränkeindustrie” mit den Tätigkeitscodes 10 und 11;
– 50.000,00 Euro für Groß- und Detailhandel mit den Tätigkeitscodes 45, von 46.2 bis 46.9, von 47.1 bis 47.7 und 47.9;
– 40.000,00 Euro für Wanderhandel mit Lebensmitteln und Getränken mit dem Tätigkeitscode 47.81;
– 30.000,00 Euro für Wanderhandel mit sonstigen Produkten mit den Tätigkeitscodes 47.82 und 47.89;
– 25.000,00 Euro für Tätigkeiten im Bereich des Bauwesens und der Immobilien mit den Tätigkeitscodes 41, 42, 43, 68;
– 25.000,00 Euro für Handelsvertreter mit den Tätigkeitscodes 46.1;
– 50.000,00 Euro für Gastbetriebe („attivitá dei servizi di alloggio e di ristorazione“) mit den Tätigkeitscodes 55 und 56;
– 30.000,00 Euro für freiberufliche, wissenschaftliche, technische Tätigkeiten und solche im Gesundheitswesen und in der Aus– und Weiterbildung, für Finanz- und Versicherungsdienstleistungen mit den Tätigkeitscodes von 64 a 66, von 69 a 75, von 85 a 88);
– 30.000,00 Euro für alle übrigen Tätigkeiten mit den Tätigkeitscodes von 01 bis 03, von 05 bis 09, von 12 bis 33, von 35 bis 39, von 49 bis 53, von 58 bis 63, von 77 bis 82, 84, von 90 bis 99; - Aufwendungen für Angestellte, Mitarbeiter und Dienstleistungen von Dritten (“lavoro accessorio”) etc. von insgesamt maximal 5.000 Euro;
- Gesamtkosten der Sachanlagen vor Abschreibungen von maximal 20.000,00 Euro;
Die Inanspruchnahme der begünstigten Steuerabrechnung ist für Steuerzahler nicht möglich, welche sich im betreffenden Steuerjahr in einer der folgenden Situationen befinden:
- Sie rechnen die MwSt. nach einem Sondermodus ab oder bestimmen ihre Einkünfte pauschal ;
- Sie sind nicht in Italien ansässig, und auch nicht ein einem anderen EU-Staat oder einem Mitgliedsstaat des EWR, der einen angemessenen Informationsaustausch mit Italien gewährleistet, wobei sie in letzterem Fall mindestens 75% ihrer Einkünfte in Italien erwirtschaften müssen;
- Ihre Tätigkeit besteht ausschließlich oder vorwiegend im Verkauf von Immobilien, Teilen von Immobilien, Baugrundstücken oder neuen Transportmitteln;
- Sie üben eine freiberufliche oder unternehmerische Tätigkeit aus und sind gleichzeitig an Personengesellschaften, Sozietäten oder “transparenten” GmbHs beteiligt.
- Die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit bzw. gleichgestellten Einkünften lagen im Vorjahr über 30.000,00 Euro, es sei denn, das betreffende Arbeitsverhältnis wurde mittlerweile aufgelöst.
1.2 WESENTLICHE MERKMALE DER BEGÜNSTIGUNG
Auf die pauschal (durch sog. „Koeffizienten“ auf die Erträge) bestimmten Einkünfte wird für diese Steuerzahler anstelle von IRPEF, regionalen und kommunalen Zuschlägen und der IRAP eine Ersatzsteuer in Höhe von 15% erhoben.
Des Weiteren sind sie von der Anwendung der MwSt., der IRAP, der Steuereinbehalte (aktiv wie passiv) und der Branchenkennzahlen ausgeschlossen, und die Sozialbeiträge werden nur auf der Grundlage der deklarierten Einkünfte erhoben.
Die Gewährung der beitragsrechtlichen Erleichterungen setzt einen entsprechenden Antrag voraus; die entsprechenden Fristen und Modalitäten werden in der Folge zusammengefasst.
2 BEITRAGSRECHTLICHE ERLEICHTERUNGEN
Die beitragsrechtlichen Erleichterungen ex Gesetz 190/2014 können nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen in Anspruch genommen werden. Im Besonderen gilt die Begünstigung nur für:
- Einzelunternehmer (“imprenditori individuali”), also nicht für Freiberufler, die in die INPS-Sonderverwaltung ex Gesetz 335/95 oder in privaten Rentenkassen eingetragen sind,
- und die die besprochene begünstigte Steuerordnung in Anspruch nehmen und auch alle erforderlichen Voraussetzungen dafür mitbringen.
2.1 INHALT DER BEGÜNSTIGUNG
Die Begünstigung besteht darin, dass die Beiträge:
- (ausschließlich) durch die Anwendung der in der INPS-Beitragsverwaltung für Handwerker und Kaufleute vorgesehenen Beitragssätze ermittelt werden;
- also ohne Fixbeiträge, die im Sinne von Art. 1, Abs. 3, Gesetz 233/90 unabhängig vom erwirtschafteten Einkommen abzuführen sind (die sog. “contributi fissi”).
Nach den Abänderungen ex Gesetz 208/2015 besteht die Begünstigung ab dem Jahr 2016 darin, dass auf das pauschal ermittelte Einkommen (welches der Ersatzsteuer unterliegt), “die Sozialbeiträge um 35% reduziert werden”. In diesem Zusammenhang hat der Begleitbericht zum Gesetzesentwurf für das Haushaltsgesetz 2016 klargestellt, dass “die Norm die Wiedereinführung der Mindestbeiträge festlegt, wobei die Beitragssätze um 35% reduziert werden“.
Anrechnung der Beiträge
Hinsichtlich der Anrechnung der abgeführten Beiträge kommen die Bestimmungen ex Art. 2, Abs. 29, Gesetz 335/95 zur Anwendung, die an sich für die INPS-Sonderverwaltung vorgesehen sind.
Mit Wirkung dieser Norm verleiht die Zahlung eines Beitrags, der jenem entspricht, der sich bei Anwendung der Beitragssätze der INPS-Beitragsverwaltung für Handwerker und Kaufleute (reduziert um 35%) auf das beitragsrechtliche Mindesteinkommen (im Jahr 2016 wären dies 15.548,00 Euro) ergibt, das Anrecht auf die Anrechnung („accreditamento“) aller monatlichen Beiträge im betreffenden Kalenderjahr. Ist der abgeführte Beitrag kleiner, so verringert sich proportional auch die Zahl der angerechneten Monate.
2.2 VERFALL DES ANRECHTS AUF DIE BEGÜNSTIGUNG
Nachdem die wesentliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Begünstigung die Anwendung der begünstigten Steuerordnung für Kleinunternehmer und Freiberufler ist, impliziert das Auslaufen dieser Steuerordnung (freiwillig, weil für die ordentliche Besteuerung optiert wird, oder auch unfreiwillig, weil nicht mehr alle erforderlichen Voraussetzungen vorliegen) auch den Verfall des Anrechts auf die beitragsrechtliche Begünstigung, und zwar ab dem Folgejahr.
Wird die begünstigte Steuerordnung jedoch von der Agentur für Einnahmen durch einen Festsetzungsbescheid aberkannt, so verfällt auch das Anrecht auf die beitragsrechtliche Begünstigung rückwirkend ab jenem Jahr, für das auch der Verlust des Rechtes auf die begünstigte Steuerordnung beanstandet wurde.
Auswirkungen des Verfalls
Der Verfall des Anrechts auf die Begünstigung bewirkt:
- Aus beitragsrechtlicher Sicht kommen die ordentlichen Bestimmungen zur Anwendung (mit einkommensunabhängigen Fixbeträgen);
- In jedem Fall kann die Begünstigung in der Folge nicht mehr in Anspruch genommen werden, selbst wenn der Steuerzahler die entsprechenden Voraussetzungen später wieder aufweisen würde.
2.3 AUSSCHLUSS WEITERER BEITRAGSERLEICHTERUNGEN
Die Option für die besprochene Begünstigung bringt den Ausschluss weiterer Beitragserleichterungen mit sich, und dabei im Besonderen:
- Die Herabsetzung der Beitragsätze um 3% für Mitarbeiter und Hilfskräfte (“coadiuvanti e coadiutori”) unter 21 Jahren, welche in einem Betrieb tätig sind, der die besprochene Begünstigung in Anspruch nimmt, ist nicht möglich;
- Der Unternehmer selbst und Familienmitglieder, die im Betrieb mitarbeiten, können die Herabsetzung der Beitragssätze um 50%, die Rentner mit über 65 Jahren gewährt wird, nicht in Anspruch nehmen.
2.4 VORLAGE DES ANTRAGS
Um die Beitragserleichterung muss bei der INPS mit einem eigenen Antrag angesucht werden, und zwar mit den Modalitäten, die von der INPS selbst mit dem Rundschreiben vom 10.2.2015, Nr. 29 festgelegt wurden.
Steuerzahler, die zum 31.12.2015 bereits tätig waren
Steuerzahler, die zum 31.12.2015 bereits tätig waren, müssen den Antrag:
- bis zum 28.2.2016 ausfüllen (andernfalls verfällt das Anrecht darauf); diese Frist ist auch dann einzuhalten, wenn der 28. Februar auf einen Samstag oder einen Feiertag fällt, denn die übliche Fristverlängerung bis zum ersten Werktag nach der Fälligkeit scheint in diesem Fall nicht anwendbar zu sein;
- und zwar mit dem eigens dafür vorgesehenen Vordruck (verfügbar im “Cassetto previdenziale per Artigiani e Commercianti” auf der Website der INPS); Jungunternehmer, die noch nicht in der INPS-Beitragsverwaltung für Handwerker und Kaufleute eingetragen sind, können den Vordruck in Papierform verwenden, welcher dem Rundschreiben Nr. 29 vom 10.2.2015 beiliegt, und ihn dem zuständigen INPS-Büro vorlegen.
Mit dem Rundschreiben (“messaggio”) der INPS vom 25.1.2016, Nr. 286 wurde klargestellt, dass der Antrag auch von Steuerzahlern vorgelegt werden muss, welche die Begünstigung im Jahr 2015 in Anspruch genommen und dabei den betreffenden Antrag bereits vorgelegt hatten; nachdem nämlich die (Wirkung der) im Vorjahr vorgelegten Anträge “vom Amts wegen zum 31.12.2015 ausgelaufen ist, setzt der Zugang zur Begünstigung in jedem Fall die Vorlage eines neuen Antrags voraus“.
Wird der Antrag nicht fristgerecht eingereicht, kann die Begünstigung im betreffenden Jahr nicht genossen werden; im Folgejahr kann dann wieder bis zum 28. Februar ein neuer Antrag vorgelegt werden, dessen Auswirkungen – sofern die erforderlichen Voraussetzungen vorliegen – rückwirkend ab dem 1. Januar gelten.
Steuerzahler, die zum 1.1.2016 noch nicht tätig waren
Steuerzahler, die zum 1.1.2016 noch nicht tätig waren, müssen den Antrag:
- per Internet vorlegen, und zwar auf der Website der INPS (“Cassetto previdenziale per Artigiani e Com¬mer¬cianti”);
- unverzüglich (“con la massima tempestività”), nachdem ihnen mitgeteilt wurde, dass sie in der INPS-Sonderverwaltung eingetragen wurden.
2.5 ABFÜHRUNG DER SOZIALBEITRÄGE
Die Zahlung der besprochenen Sozialbeiträge erfolgt:
- Die Mindestbeiträge („minimale“) zu den normalen vierteljährlichen Fälligkeiten
- Die Beiträge auf jenen Teil des Einkommens, der über dem Mindestbetrag liegt, zu den gleichen Fälligkeiten (Vorauszahlung und Saldo), wie sie auch für die Zahlungen gelten, die aus der Einkommensteuererklärung UNICO resultieren.
Innerhalb der Fälligkeiten für die Zahlung der Sozialbeiträge ist auch der Mutterschaftsbeitrag von 7,44 Euro abzuführen, und zwar in zwei Raten zu je 3,72 Euro.
Quelle: Koinè