Beilegung von Übertretungsprotokollen (Art. 1 DL 23.10.2018 Nr. 119 umgewandelt in das Gesetz vom 17.12.2018 Nr. 136) – Durchführungsverordnung
Mit Wirkung von Art. 1 DL 23.10.2018 Nr. 119 (sog. “decreto fiscale collegato” zum Haushaltsgesetz für das Jahr 2019), das am 24.10.2018 in Kraft getreten ist und in das Gesetz vom 17.12.2018 Nr. 136 umgewandelt wurde, können Übertretungsprotokolle („processi verbali di constatazione“) beigelegt werden, die von der Agentur für Einnahmen oder der Finanzwache bis zum 24.10.2018 übergeben oder zugestellt wurden.
Die Auswirkungen der Beilegung bestehen in der Befreiung von Zinsen und Strafen; die reine Steuer(nach)zahlung aus dem Übertretungsprotokoll ist dagegen zur Gänze abzuführen.
Übertretungsprotokolle im Zusammenhang mit der voluntary disclosure können nicht beigelegt werden
Die Durchführungsbestimmungen zu dieser Norm wurden mit der Verordnung vom 23.1.2019 Nr. 17776 der Agentur für Einnahmen und der Zoll- und Monopolbehörde erlassen.
In der Folge werden die Bestimmungen von Art. 1 DL 119/2018 im Lichte der besprochenen Durchführungsverordnung analysiert.
1 Ausschlüsse
Die besprochene Beilegung ist nur dann möglich, wenn bis zum 24.10.2018 im Zusammenhang mit dem Übertretungsprotokoll nicht bereits ein Festsetzungsbescheid (einschließlich der Bescheide, mit denen Steuerguthaben aberkannt werden) oder eine Vorladung im Sinne von Art. 5 DLgs. 218/97 (einvernehmliche Steuerfestsetzung) ausgestellt wurden.
Verteidigungsschriftsätze im Sinne von Art. 12 Abs. 7, Gesetz 212/2000 (die binnen 60 Tagen ab Erhalt des Protokolls vorzulegen sind) oder Ermittlungsakte der Behörde (wie etwa Fragebögen) stehen der Beilegung dagegen nicht im Wege.
2 Anwendungsbereich
Die besprochene Abfindung betrifft Einkommensteuern, Ersatzsteuern, Steueraufschläge, Sozialbeiträge, Steuereinbehalte, IVA, IRAP, IVIE und IVAFE. Es kann jegliche darin enthaltene Beanstandung abgefunden werden, einschließlich der unterlassenen Vorlage von Steuererklärungen und der rechtswidrigen Verrechnung von Steuerguthaben (etwa jener Guthaben, die im Abschnitt RU der Steuererklärung anzugeben sind).
Andere Steuern als die zuvor angeführten (z.B. Registersteuer, Hypothekar- und Katastersteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuer) können mit dieser Beilegung nicht abgefunden werden
2.1 Beilegung mehrerer Besteuerungszeiträume
In der Verordnung vom 23.1.2019 Nr. 17776 hat die Agentur für Einnahmen klargestellt, dass in jenen Fällen, in denen das Protokoll mehrere Besteuerungszeiträume umfasst, auch nur einer oder einige davon beigelegt werden können; für die betreffenden Besteuerungszeiträume sind dann jedoch alle Beanstandungen abzufinden.
Im Hinblick auf die Besteuerungszeiträume, die nicht beigelegt werden, kann der Steuerzahler eine einvernehmliche Steuerfestsetzung beantragen oder auch Rekurs gegen den Bescheid einlegen.
2.2 Festsetzungsbescheide, die bis zum 24.10.2018 partiell zugestellt wurden
In jenen Fällen, in denen das Protokoll mehrere Besteuerungszeiträume umfasst, kann es sein, dass bis zum 24.10.2018 für einige Jahre auch schon ein Festsetzungsbescheid zugestellt wurde, für andere aber nicht.
Jene Besteuerungszeiträume, für die noch kein Festsetzungsbescheid zugestellt wurde, können beigelegt werden.
2.3 Festsetzungsbescheide, die ab dem 25.10.2018 zugestellt werden
Nur Festsetzungsbescheide, die bis zum 24.10.2018 zugestellt werden, machen die Beilegung unmöglich; eine spätere Zustellung ist in diesem Zusammenhang irrelevant.
Im Sinne der Verordnung vom 23.1.2019 Nr. 17776 ist ein Rekurs des Steuerzahlers ebenso wie ein Antrag auf einvernehmliche Festsetzung des Protokolls im Sinne von Art. 6 Abs. 2 DLgs. 218/97 (dieser Antrag wird bei Erhalt des Bescheids gestellt) dagegen kein Ausschlussgrund, sofern die betreffenden Verfahren noch nicht abgeschlossen wurden oder ein rechtsgültiges Urteil ergangen ist.
2.4 Freiwillige Berichtigung
In manchen Fällen optieren Steuerzahler für eine freiwillige Berichtigung einiger Beanstandungen eines Übertretungsprotokolls (aber nicht aller) und teilen dies ggfs, auch der Agentur für Einnahmen mit.
In diesen Fällen ist die besprochenen Beilegung im Hinblick auf die übrigen Beanstandungen dennoch möglich.
2.5 Sozialbeiträge
Art. 1 DL 119/2018 legt ausdrücklich fest, dass auch die Beanstandungen im Hinblick auf Sozialbeiträge, deren Höhe sich nach der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer richtet, beigelegt werden können.
Dies gilt also für die Beiträge an die INPS-Verwaltung der Handwerker und Kaufleute und an die INPS-Sonderverwaltung.
Es ist fraglich, ob die Beilegung auch die Beiträge an die Rentenkassen der Freiberufler (wie etwa jene der Anwälte oder der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) umfasst; die Beilegung könnte nämlich auch die Autonomie dieser Körperschaften beeinträchtigen.
3 Erklärung
Für die besprochene Beilegung wurden keine eigenen Vordrucke ausgearbeitet. Der Steuerzahler muss bis zum 31.5.2019 die (ergänzenden) Steuererklärung (en) vorlegen, welche sich auf die beanstandete Steuer beziehen, also die Vordrucke UNICO/REDDITI, IRAP, IVA oder 770.
Um sicherzustellen, dass die Agentur für Einnahmen die Beilegung als solche erkennt, muss das Feld “Correttiva nei termini” angekreuzt werden (auch dann, wenn die Beanstandung eine unterlassene Steuererklärung betrifft).
Es wird also eine ergänzenden Steuererklärung (“integrativa”) vorgelegt, welche die Beanstandungen durch die Behörde zur Gänze übernimmt. Diese Steuererklärung kann weder Fehler berichtigen, die seinerzeit zum Nachteil des Steuerzahlers begangen wurden (also neben der Nachzahlung auch ein Guthaben ausweisen) noch andere Verfehlungen berichtigen, die seinerzeit begangen wurden, aber nicht Gegenstand des Übertretungsprotokolls waren.
4 Zahlungen
Die erste Rate oder der Gesamtbetrag sind bis zum 31.5.2019 abzuführen.
Der Ratenplan kann bis zu zwanzig gleichbleibende vierteljährliche Raten vorsehen. Auf die Raten nach der ersten werden die gesetzlichen Zinsen fällig.
Die entsprechenden Abgabencodes wurden mit dem Beschluss der Agentur für Einnahmen vom 23.1.2019 Nr. 8 erlassen.
Eine Verrechnung mit Steuerguthaben im Sinne von Art. 17 DLgs. 241/97 ist nicht möglich.
Gesamtschuldnerische Haftung
Bei gesamtschuldnerischer Haftung löscht die Zahlung durch einen der Haftenden die Forderung gegenüber den anderen.
5 MwSt. auf Importe und Zölle
Die besprochene Beilegung kann laut Verordnung vom 23.1.2019 Nr. 17776 der Agentur für Einnahmen und der Zoll- und Monopolbehörde die MwSt. auf Importe betreffen, nicht jedoch Beanstandungen von Zöllen (obwohl dies von Art. 1 Abs. 6 DL 119/2018 vorgesehen war).
Bei der MwSt. auf Importe muss bis zum 31.5.2019:
- Eine formlose Erklärung an die Zollbehörde gerichtet werden (per PEC oder händischer Übergabe);
- Und die Zahlung erfolgen (eine Ratenzahlung ist nicht möglich); dabei sind die “normalen” Zahlungsmodalitäten für die Abführung der MwSt. auf Importe zu beachten.
6 Gesellschaften
Auch die Gesellschafter von Personen- und “transparenten” Kapitalgesellschaften können die besprochene Beilegung in Anspruch nehmen.
Art. 1 Abs. 4 DL 119/2018 sieht nämlich vor, dass nach Zustellung eines Übertretungsprotokolls an die Gesellschaft die Beilegung “auch von den Gesellschaftern in Anspruch genommen werden kann; für die Beilegung der höheren Einkünfte aus Beteiligungen, die diesen beanstandet werden, gelten die Bestimmungen des vorliegenden Artikels“. Somit:
- Kann eine Personen- oder “transparente” Kapitalgesellschaft MwSt. und IRAP beilegen, indem eine entsprechende ergänzende Erklärung bis zum 31.5.2019 vorgelegt wird;
- Die Gesellschafter können die IRPEF auf die entsprechenden höheren Einkünfte aus Beteiligungen beilegen, indem ebenfalls eine ergänzende Erklärung bis zum 31.5.2019 vorgelegt wird.
7 Verlängerung der Festsetzungsfristen
Bei Übertretungsprotokollen für die Besteuerungszeiträume bis zum Jahr 2015 werden die Festsetzungsfristen um 2 Jahre verlängert.
Betrifft das Protokoll beispielsweise das Jahr 2014, so kann ein Festsetzungsbescheid nicht nur bis zum 31.12.2019 (also bis zum 4. Jahr nach jenem, in dem die entsprechende Steuererklärung vorzulegen war), sondern bis zum 31.12.2021 ausgestellt werden.
Dies gilt für alle Steuerzahler, unabhängig davon, ob der Bescheid im Sinne von Art. 1 DL 119/2018 beigelegt wurde oder nicht.
Quelle: Koiné