Öffentliche Bürgschaften zugunsten der Liquidität der Wirtschaftstreibenden
1 Vorbemerkung
Mit Wirkung von DL 8.4.2020 Nr. 23 (dem sog. “decreto liquiditá”), veröffentlicht im Amtsblatt der Republik vom 8.4.2020 Nr. 94 und am nächsten Tag in Kraft getreten, sind – zusätzlich zu den bereits besprochenen – auch noch weitere Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung der Wirtschaftstreibenden vorgesehen worden.
DL 8.4.2020 Nr. 23 umfasst nämlich einige Bestimmungen, mit denen bis zum 31.12.2020 für Unternehmen und Freiberufler der Zugang zu Finanzierungen erleichtert und deren Ausmaß erhöht werden soll, und zwar durch staatliche Bürgschaften über die SACE AG sowie den zentralen Garantiefonds für KMUs (“fondo centrale di garanzia per le PMI”).
In Besonderen:
- Führt Art. 13 DL 23/2020 einige Ausnahmen von den allgemeinen Regeln für den zentralen Garantiefonds für KMUs im Sinne von Art. 2 Abs. 100 Buchts. a) Gestz 662/96 ein; diese bestätigen und erweitern teilweise jene ex Art. 49 DL 18/2020 (dem sog. “Decreto Cura Italien”), die damit auch abgeschafft werden;
- 1 DL 23/2020 gibt der SACE AG die Möglichkeit, Bürgschaften zugunsten von Banken, nationalen und auch internationalen Einrichtungen im Finanzwesen und sonstige Körperschaften, welche zur Vergabe von Krediten in Italien berechtigt sind, auszustellen, wenn diese ihrerseits italienischen Unternehmen Finanzierungen gewährt haben, und zwar bis zu einem Gesamtbetrag von 200 Milliarden, davon mindestens 30 Milliarden an KMUs (einschließlich Selbständiger und Freiberufler), welche ihre Zugangsmöglichkeiten zum Zentralen Garantiefonds für KMUs ausgeschöpft haben.
2 Befristeter Ausbau des zentralen Garantiefonds für KMUs
Art. 13 DL 23/2020 ersetzt Art. 49 DL 18/2020, welcher durch Abs. 12 der neuen Verordnung abgeschafft wird, und sieht eine Reihe von befristeten Abänderungen der Bestimmungen zum Zentralen Garantiefonds für KMUs, die bis zum 31.12.2020 gültig sein werden.
In primis wird vorgesehen, dass die Bürgschaft unentgeltlich ausgestellt wird; auch die Gebühr für den nicht erfolgten Abschluss der betreffenden Finanzierungen (“commissione per il mancato perfezionamento delle operazioni finanziarie”) ex Art. 10 Abs. 2 DM 6.3.2017 wird nicht erhoben.
2.1 Höchstbetrag der Bürgschaft
Der Höchstbetrag pro Unternehmen wird von 2,5 auf 5 Millionen Euro angehoben.
2.2 Begünstigte
Die Bürgschaft kann nun auch von Unternehmen mit bis zu 499 Angestellten in Anspruch genommen werden (normalerweise dürfen es nur bis zu 249 sein).
Unternehmen mit “notleidenden” Krediten (“sofferenze”) bleiben von der Gewährung der Bürgschaft ausgeschlossen; abgesehen davon, kann die Bürgschaft auch zugunsten von Unternehmen ausgestellt werden, welche:
- zum Zeitpunkt des Antrags Bankverbindlichkeiten ausweisen, die im Sinne der einschlägigen Bestimmungen als “inadempienze probabili” (wahrscheinliche Ausfälle) oder “scadute o sconfinanti deteriorate” klassifiziert wurden, sofern diese Klassifizierung erst nach dem 31.1.2020 vorgenommen wurde;
- oder die nach dem 31.12.2019 zu einem Ausgleichsverfahren bei Weiterführung der betrieblichen Tätigkeit (“concordato con continuità aziendale”) zugelassen wurden, eine Umschuldungsvereinbarung (“accordo di ristrutturazione”) unterzeichnet haben oder einen von einem externen Gutachter bestätigten Rückzahlungsplan ex Art. 186-bis, 182-bis und 67 des Insolvenzgesetzes vorgelegt haben, sofern ihre Außenstände zum 9.4.2020 nicht mehr als “esposizioni deteriorate” bewertet werden können, nach der Gewährung dieser Maßnahme keine neuen Fälligkeiten missachtet wurden und die Bank begründet davon ausgehen kann (“possa ragionevolmente presumere”), dass die Kredite bei Fälligkeit zur Gänze zurückgezahlt werden.
2.3 Deckung der Bürgschaft
Nach entsprechender Genehmigung durch die EU-Kommission wird der maximale Deckungsgrad der Bürgschaften auf 90 % (bei direkten Bürgschaften) bzw. auf 100% (bei Rückversicherungsbürgschaften) angehoben, wenn die besicherten Finanzierungen folgende Merkmale aufweisen:
- ihr Betrag liegt nicht über dem höchsten Wert aus folgenden:
- 25% des Umsatzvolumen des Begünstigten im Jahr 2019;
- dem Doppelten der Lohnkosten des Begünstigten im Jahr 2019 (einschließlich der Sozialbeiträge und der Aufwendungen für jene Arbeitnehmer, die zwar formell von Subunternehmern angestellt sind, aber am Geschäftssitz des begünstigten Unternehmens arbeiten);
- laufende Aufwendungen und Investitionen (“fabbisogno per costi del capitale di esercizio e per costi di investimento”) gemäß einer Eigenerklärung des Begünstigten im Sinne von DPR 445/2000) in den nächsten 18 Monaten (12 bei Unternehmen mit 250 bis 499 Angestellten);
- und eine Laufzeit bis zu 72 Monaten.
Die Bürgschaft von 90% kann (nach entsprechender Genehmigung durch die EU-Kommission) zusammen mit weiteren Bürgschaften von Confidi oder ähnlichen einschlägigen Körperschaften) ausgestellt und somit ein Deckungsgrad von 100% der Finanzierung erreicht werden, wenn:
- der Begünstigte Umsatzerlöse (“ricavi”) bis zu 3,2 Millionen Euro erwirtschaftet
- und die Finanzierungen nicht mehr als 25% seiner Umsatzerlöse ausmachen.
Der Fonds kann des Weiteren auch Finanzierungen besichern, die bei Umschuldungen bzw- der Neuverhandlung (“rinegoziazioni”) bestehender Kredite gewährt wurden, sofern der Betrag der neuen Finanzierung um mindestens 10% über jenem der “alten” liegt; in diesem Fall beläuft sich der Höchstbetrag auf 80 % (bei direkten Bürgschaften) bzw. auf 90% (bei Rückversicherungsbürgschaften).
Das Rundschreiben der Bankenvereinigung ABI vom 9.4.2020 Nr. 686 stellt klar, dass “für den Zugang zum Fonds nur die Daten für den Vordruck zu den wirtschaftlich-finanziellen Daten (“modulo economico-finanziario”) vorgelegt werden müssen und nicht auch jene zum Geschäftsgang (“modulo andamentale”).
Finanzierungen bis zu 25.000,00 Euro
Hinsichtlich der Anträge auf Bürgschaften für Finanzierungen bis zu 25.000,00 Euro (für welche das Limit von 25% der Umsatzerlöse oder Vergütungen ebenfalls gilt) wird vorgesehen, dass – vorbehaltlich der Genehmigung durch die EU-Kommission – die Bürgschaft bis zu 100% der Finanzierung abdecken, kann, sofern:
- die Finanzierung einen sog. “Voramortisierungszeitraum” (also ohne Kapitalrückzahlungen) von mindestens 24 Monaten vorsieht und eine Laufzeit von bis zu 72 Monaten hat;
- und der Darlehensgeber, welcher die Bürgschaft beantragt, einen Zinssatz (bzw. bei Rückversicherungsbürgschaften eine Gesamtgebühr für die Bürgschaft) verlangt bzw. anwendet, der nur die direkt mit dem Darlehen verbundenen Kosten einfließen lässt und in jedem Fall nicht höher sein darf als der “tasso di Rendistato” bei einer Restlaufzeit von zwischen 4 Jahren und 7 Monaten und 6 Jahren und 6 Monaten, erhöht um die Differenz zwischen dem CDS für Banken auf 5 Jahre und dem CDS ITA auf 5 Jahre, wie sie in der Rahmenvereinbarung für die Vorschüsse auf Rentenzahlungen ex Art. 1, Abs. 166 bis 178, Gesetz vom 11.12.2016 Nr. 232 definiert sind, erhöht um 0,20 %.
Hinsichtlich der besprochenen Finanzierungen bis zu einem Höchstbetrag von 25.000,00 Euro wird auch ein beschleunigtes Verfahren vorgesehen; die Ausstellung der Bürgschaft ist “automatisch”, also ohne eine spezifische Bewertung durch den Fonds, und die Bank kann die Finanzierung auszahlen, nachdem die formalen Voraussezungen geprüft wurden, ohne die weiterreichende Prüfung durch die Fondsverwaltung abzuwarten.
2.4 Zusammenfassung
In der nachfolgenden Tabelle werden die neuen Bestimmungen zum Zentralen Garantiefonds für KMUs zusammengefasst, die bis zum 31.12.2020 gültig sind.
Limit für die Umsatzerlöse | Dauer der finanzierung |
Zeitraum ohne kapitalrück-zahlung | Höchstbetrag der Finanzierung | Direkte Bürgschaft | Rückver-sicherungs-bürgschaft | Bewertung der kredit-würdigkeit |
Kein Limit | Bis zu 72 Monate | 24 Monate | 25% der Umsatzerlöse bis zu einem Höchstbetrag von 25.000,00 Euro | 100% | 100% | Keine Bewertung |
3.200.000,00 Euro | 25% der Umsatzerlöse bis zu einem Höchstbetrag von 800.000,00 Euro | 100%, davon:
90% staatliche Bürg- schaft + 10% Bürgschaft von Confidi oder ähnlichen Körperschaften |
Keine Bewertung | |||
Kein Limit | Bis zu 72 Monate | Einer der folgenden Beträge:
· das Doppelte der Lohnkosten des Begünstigten im Jahr 2019; · 25% des letzten Umsatzvolumens; · laufende Aufwendungen und Investitionen in den nächsten 18 Monaten. |
90% | 100% | Keine Bewertung |
3 Ausstellung von Bürgschaften durch die SACE AG
Zusätzlich zum befristeten Ausbau und den erweiterten Maßnahmen des Zentralen Garantiefonds für KMUs sieht DL 23/2020 an Art. 1 – und ebenfalls bis zum 31.12.2020 – auch vor, dass die SACE AG Bürgschaften für Finanzierungen jeder Art an Unternehmen ausstellen kann.
3.1 Begünstigte
Die Begünstigten sind in diesem Fall nicht nur Freiberufler und KMUs (also Unternehmen mit bis zu 249 Angestellten und Umsatzerlösen bis zu 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme bis zu 43 Millionen Euro), sondern auch und gerade große Unternehmen, nachdem ja Art. 1 DL 23/2020 ausdrücklich vorsieht, dass KMUS (einschließlich der Selbständigen nud der Freiberufler) mit MwSt.-Nr. die Bürgschaften der SACE AG erst dann in Anspruch nehmen können, wenn sie ihre Zugangsmöglichkeiten zum Zentralen Garantiefonds für KMUs ausgeschöpft haben.
3.2 Merkmale der Bürgschaft durch die sace ag
Die Bürgschaft der SACE AG ist im Sinne von Art. 1 DL 23/2020 nicht kostenfrei (die Höhe der Gebühren wird von Abs. 2 Buchst. e) geregelt) und erfolgt nur unter folgenden Voraussetzungen:
- die Höchstdauer des Darlehens sind 6 Jahre, mit einem sog. “Voramortisierungszeitraum” (also ohne Kapitalrückzahlungen) bis zu 24 Monaten;
- der Betrag der Finanzierung liegt nicht über dem höheren Betrag aus folgenden:
- 25% des Umsatzvolumen des Begünstigten im Jahr 2019;
- dem Doppelten der Lohnzahlungen des Begünstigten im Jahr 2019 (wie sie aus dem Jahresabschluss oder aber – falls dieser noch nicht genehmigt wurde – aus “zertifizierten Daten” hervorgehen).
Die Bürgschaft deckt ab:
- 90% der Finanzierung (bei Unternehmen mit weniger als 5000 Angestellten in Italien und einem Umsatzvolumen bis zu 1,5 Milliarden Euro);
- 80% der Finanzierung (bei Unternehmen mit mehr als 5000 Angestellten in Italien und einem Umsatzvolumen von 1,5 bis 5 Milliarden Euro);
- 70% der Finanzierung (bei Unternehmen mit einem Umsatzvolumen über 1,5 Milliarden Euro);
Quelle Koine